Improvisation

Wie bereite ich mich auf eine Session vor?


Ein gutes Fundament ist die gründliche Kenntnis von Standards. Zuerst die Melodie in der gängigen Tonart (möglichst in drei Oktaven) sicher auswendig lernen! Dabei ist ein Leadsheet (Real Book ect.) hilfreich und die Simulations-Begleitband ( BaiB!). Die Melodie langsam spielen und dabei auf den Zusammenhang mit den Akkorden achten ( welche Intervalle, Farben?) gibt ein tieferes Verständnis. Die Form z.B. 32 Takte läßt sich aufteilen A-Teil, Bridges usw, jeder Teil wiederum in harmonische „Mikrostruturen“: V7-Quinten/Quarten-Sprünge, II-V7, Turnarounds ( Rhythm-Changes) , immer weiter geht es in den Mikrokosmos des Standards hinein.

Über die Klärung des „Notenmaterials z.B. der passenden Skalen und den ersten Improvisationsversuchen wirkt der Standard jetzt schon vertraut. Die Melodie dient als „Geländer“ zur Orientierung. Hilfreich ist es jetzt eine zur Melodie alternative „Guidline“ aus den Changes aufzuschreiben (halbe und ganze Noten) um der Improvisation ein anderes „ Geländer“ zu geben. So kommt Abwechslung in die Improvisation. Eine weitere Möglichkeit :„weg von der Melodie“ ist „eintragen von asymmetrischen Motiven“ , d.h. Die Pausen werden nicht mehr an der Melodie orientiert. Jetzt Test: fit für die Session?

Aus den Boxen ertönt die BaiB-Begleitband, dazwischen nur noch „Ich, mein Instrument und das iPad“ mit iReal-Akkord-Schema. Besonders die Kontrollaufnahme zeigt schnell Schwächen : „Timing ?“, über die Akkorde “weggeschludert“ , Ideen fehlen wo?

Ich plane „regelrecht“ die „Verbesserung „ mit einem Wochenzeitplan. Nutze aber auch gezielt transscribierte Solos und/oder Licks. Wie?

  1. Schritt: Es ist meiner Meinung am effektivsten sich immer von seinem „Geschmack“ leiten zu lassen. Ich greife Motive heraus, die mir gut gefallen. Ich übertrage das Lick/Motiv mit Anfangs-und wichtigen Zieltönen in ein Notenblatt aller 12 Tonarten (läßt sich als Leadsheet ausdrucken) und spiele es im langsamem Tempo. Dabei trage ich mir bei schwierigen Passagen den „ Fingersatz L-R-L usw. ein.
  2. Schritt: Ich nutze das neue Lick bei oft geübten Standards z.B. Lick einer II-V7-Verbindung bei Solar oder Tune UP.
  3. Schritt: zurück zum Standard ..viertaktig oder zweitaktiger Wechsel beim transsribierten Solo ( z.B. die Reihe von Snidero)
  4. Kontrolle: Neue Aufnahme, neuer Standard mit ähnlichen Changes. Sehr gut ist das Buch zur Erarbeitung von Road-Maps mit den Titel „hearin' the changes“ (Anleitung zu "Merk-und Hörhilfen" der typischen Changes




„Jazz- Improvisation für Anfänger“ war der Titel eines VHS-Workshops, den ich etwa 16 Jahre lang für interessierte Musiker aller Instrumente machte. Schlagzeug , Percussion und Keyboard war im Keller der VHS vorhanden, wo auch der Bürgerfunk arbeitete. Als ersten Schritt: Ellingtons „C-Jam“ - Blues, die Melodie nur eine Note mit der entsprechenden Rhythmik. Und schon ging das Lernen los! Woher kommt die typische Bluesform , dreimal 4 Takte? Ein Blick in einen Bluestext gab die Antwort. Die Akkorde der Kadenz I I7, IV, V7-I werden zugeordnet( kennt man von Volksliedern). Aber welche Töne?

Die Moll-Pentatonik klingt schon „bluesig“ aber Cm über C-Dur ? Da reibt sich das Eb(b3) an dem Eb und das Bb (b7) klingt ungewohnt. Für die Rhythmus-Gruppe Bass, Drums, Gitarre, Piano gab es viel zu lernen: swing-feel ↔ rock feel, timing, Akkorde (3 und 4stimmig) und die Voicings ? Für die Melodie-Sektion: Melodie-LIne, wie improvisiert man?

Die ersten Versuche waren meistens „endlos-Dudel-Linien“ aus den Noten der Pentatonik und dabei der Verlust der Form (Wo bin ich?)

Unsere Alltagsgespräche, als eine Kette von Frage-und Antwort Sätzen, sind Prototypen: Musikalisch lassen sich Frage- und Antwort- Motive ibei den Solo,s aber auch in der gemeinsamen Improvisation gut einsetzen. Dabei sollte man noch einen anderen Prototyp beachten: Raum lassen für die Mitspieler- vor allem der Rhythmusgruppe. Beispiel: Blues am Text orientiert: dreimal 4 Takte, dabei improvisieren auf den ersten 3 Takten und die Antwort der Mitspieler im 4. Takt abwarten.

Als ich in den 50 bis 60zigern mit einer Skiffle Band ( ukulele&guitar&vocal ) und danach mit einer Dixieland-Band anfing, gab es nur eine Chance:“Platten Note für Note abhören“. Meine klassisch geschulten Lehrer hatten keine Ahnung (Anekdote: Mein Lehrer und ich spielen gemeinsam aus der Baermann-Schule, ein Windstoß schlug das Fenster auf die Noten waren weg, mein Lehrer hörte sofort auf.. ich spielte weiter. Das Platten-Abhören gab den Ohren „starke Muskel“.

Die Musik der „Meister“ hilft weiter, dabei kann man bei jedem Durchgang auf ein anderes Instrument hören ((dr,b,git, p ,ts,cl u.s.w.) und erfährt dabei die Zwiesprache der Instrumente. Sich selbst zuhören wird durch die regelmäßige Tonaufnahme auf dem Hintergrund von Mitspiel- mp3-Dateien oder Band in a box -Begleitung (Real!!) gefördert. Das sechs-dimensionale Schema hilft beim „Hören“ gezielt Notizen zu machen und läßt sich gut bei „Selbst-Aufnahmen“ anwenden.

Mit modernen Stilrichtungen hatte ich zu Anfang Schwierigkeiten, besonders mit der Klarinette. Die aus dem Oldtime bis Swing eingeübten Phrasierungen, der Sound ect. so startete ich besonders für die Mainstream-Richtung mit dem „Beckie Becker Quartett“ einen neuen Anfang mit Querflöte und hörte „Herbie Man“ bis zum abwinken. Zwischen Klarinette(alt) und Flöte( modern) mit Altsax in der Mitte entwickelte sich Schritt um Schritt ein flexibler Umgang mit den Stilrichtungen auf jedem Instrument. Besonders mein Lehrer Wolfgang Meyer Tormin ( Komponist, Klarinettist und Pianist) machte mich hungrig mich gründlicher mit den Grundlagen aller Stile ( auch Klassik) auseinanderzusetzen.



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